Der Weg von Karfreitag nach Ostern

Der Weg von Karfreitag nach Ostern

Er lag in einem kahlen Raum.
Die Farbe, ein stumpfes Gelb blätterte von der Wand ab,
machte weißen Flecken Platz.
Ein Nagel, an dem ein kleines Kreuz hing,
aus Holz,
sah billig aus.
Es spendete keinen Trost.
Wie kann ein Stück Holz schon Trost spenden?
Zwei Patienten lagen neben ihm in diesem Raum,
alle drei waren sie vom Tod gezeichnet.
Sie sprachen nicht mehr.
Es gab auch nichts mehr zu sagen.
Sie plagte die gleiche Krankheit, unheilbar.
Sie waren an ihr Bett gefesselt.
Er trug die Sünden der Menschheit.
Chronisten werden einmal behaupten, dass er nur Gutes getan habe.
Die anderen beiden nicht. Und doch glichen sich ihre Schicksale.
Ein leises Stöhnen löste sich aus seinem vertrockneten Mund.
Eine Schwester reichte ihm zu Trinken,
doch sie verschüttete das meiste.
Seine Lippen bewegten sich langsam und formten letzte Worte, die keiner verstand.
Der Geist verließ den Körper und das Herz setzte aus.
In dem Zimmer herrschte leise Betriebsamkeit.
Das Bett wurde herausgerollt.
Der Platz an der Wand blieb frei.
Die Farbe der Wand verlor noch etwas mehr von ihrem Glanz.
Aber das könnte auch nur Einbildung sein.
Ein schmutziger Lappen lag in einer Ecke,
vielleicht vergessen vom Putzdienst, der ab und zu das Zimmer säuberte.
Niemand achtete auf das Wetter.
Auf dem Klinkflur strahlten Neonröhren.

Der leblose Körper wurde gebadet, gereinigt, gesalbt, angezogen.
Das Haar wurde gekämmt und die Mundwinkel gerichtet.
Bleich liegt der Mensch im Sarg und wirkt gleichzeitig friedlich.
Wächsern, aber sorgenfrei. In diesem Zustand gibt es keine Wünsche mehr.
Es gibt nichts, was man für den Toten tun könnte,
es sei denn, man hat es zu Lebzeiten getan.
Höchstens noch Gedenken.
An ihn denken.
Ihn sich vorstellen,
aber das gelingt nicht so richtig.
Der Tod hat den Menschen deformiert, ihn seiner Seele beraubt.
Auch feierliches Orgelspiel tröstet nicht.
Der Tote hört es nicht mehr,
die Trauernden nehmen es nicht wahr.
Nur noch Gedanken beschäftigen sich mit dem Verstorbenen,
sie erreichen ihn nicht.
Tiefe Wolken stehen am Himmel und verschatten das Grab.
Sauber ist es geschaufelt,
ein rechteckiges Loch im Gewand der Mutter Erde.
Es wirkt wie eine Wunde.
Aber es ist nur vorübergehend.
Bald werden Pflanzen wieder die Wunde der Erde überdecken,
wie ein natürliches Pflaster die Vergangenheit ausmerzen.
Der Sarg wird in die Erdwunde gesenkt.
Und Sand und Lehm über ihn angehäuft.
Die eine oder andere Blume folgt in die Tiefe der Erde.
Das sind Grüße, die allerdings nichts mehr bewirken können.
So sterben schließlich auch die Blumen ab und schmücken den Sarg,
ehe noch mehr Erde alles verdeckt und erstickt.
Die Wolken öffnen sich etwas,
ein leichter Nieselregel legt sich über das Land.
Das ist zu dieser Zeit nichts Außergewöhnliches.
Dann liegt das Grab verlassen und die Nacht senkt sich über die Erdwunde.
Der Nieselregen löscht alle Spuren aus.
Wie ein Schwamm die Schrift auf der Tafel auswischt.
Wie ein Rechen, der die Spuren im Sand unkenntlich macht.
Wie ein Wasser aus einem Schlauch, der eine Straße vom Unrat befreit.

Gemeinhin ist man der Meinung,
dass mit dem Versenken des Sarges ein Ende eingetreten ist.
Für die einen ist das Ende umfassend.
Andere glauben, dass jedes Ende auch einen Anfang beinhaltet.
Aber vielleicht muss man ein gewisses Ende akzeptieren,
den Tatsachen ins forschende Auge schauen.
Der Mensch existiert nicht mehr.
Neben dem Geburtsdatum steht das Sterbedatum,
neben dem Anfang steht das Ende.
Neben der Geburt steht der Tod.
Dies soll ein Anfang sein?
Es ist nicht leicht zu glauben.
Und zu Lebzeiten ist es nicht erlebbar.

So geht ein Mensch gebückt und traurig auf dem Weg,
der zum Grab führt.
Der Grabschmuck ist vom Regen durchweicht,
schmutzig geworden.
Die Hände des Menschen beginnen das Grab etwas zu säubern.
Sie legen dorthin Blumen, die mitgebracht sind.
Die Erde bebt unter dem Druck der Blumen.
Diese scheinen plötzlich tonnenschwer zu sein.
Der Mensch spürt,
wie im Schatten des Grabes plötzlich eine Bewegung entsteht,
klein zuerst, ganz fein, unscheinbar.
Aber schließlich kräftiger wird,
wächst, gedeiht, sich entwickelt, Macht erzeugt.
Es wirkt wie ein Feuer, das noch zugedeckt ist,
aber den Deckel umzingelt, sich befreien will aus seinem Erdgefängnis.
Der Mensch spürt Angst.
Er spürt Kräfte, die er nicht kennt.
Und er wendet sich ab vom Grab, versucht Distanz zu schaffen.
Aber bald merkt er, dass es Dinge gibt, zu denen man keine Distanz schaffen kann.
Das Beben der Erde holt ihn ein.
Der Feuerschein überbietet in seiner Helligkeit
die Dunkelheit der Wolken und trocknet sogar den leichten Regen.
Urgewalten scheinen miteinander zu kämpfen,
neue Welten entstehen.
Neue unbekannte Dimensionen werden geboren.
Sie bestehen nicht aus Beben,
nicht aus Feuer,
werden aber aus der lichten Seele der Erde und dem Willen des Himmels geformt.
Der Mensch will gehen, aber eine Gestalt in Licht steht auf dem Weg.
Sie hat keine Formen, die man beschreiben könnte.
Die Helligkeit ist brillant und diffus in einem.
Sie ist konzentriert und breitet sich dennoch aus.
Der Mensch steht und staunt und fühlt auch Angst,
die erst allmählich einer Hoffnung weicht.
Er weiß nicht,
ob er das Geschehen begreifen kann.
Schließlich gibt es Dimensionen,
die weit über das hinausgeht,
was ein Mensch erfassen kann.
Dann hat er verstanden, dass der Tode nicht mehr tot ist.
Die Erde hat ihr Vermächtnis entlassen,
der Himmel hat sich geöffnet, um es aufzunehmen.
Doch es ist keine Fragen zwischen oben und unten, rechts und links.
Es ist eine Frage zwischen Vorstellbar und Unvorstellbar.
Und es ist eine Frage zwischen Leid und Freude.
So wird das Unvorstellbare zur Freude.
So wird die Helligkeit des Neuen zum Trost.
So wird das Erleben des Tages zum Vermächtnis der Gedanken.
Wir enden mit Amen.

Bilderrahmen am Gartenzaun: Trauer und Leere

Bilderrahmen am Gartenzaun: Trauer und Leere

So erscheint mir zur Zeit das Leben. Voller Trauer und Leere. Daher sind die Bilderrahmen an meinem Zaun auch leer. Die Trauer kann aber auch Farben haben. Ein Hoffnungsschimmer: Daher bunte Bilderrahmen.

„Weg der Kreuze“ in Tuchenbach

"Weg der Kreuze" in Tuchenbach

Es ist Zeit für eine Ausstellung zum Frieden

Der Bilderzyklus „Weg der Kreuze“ von Werner Schwanfelder ist vom 29. Dezember 2023 bis zum 31. Januar 2024 in der evangelischen Friedenskirche in Tuchenbach zu sehen. Die Vernissage findet am 29. Dezember um 17.00 Uhr statt. Die musikalische Begleitung gestaltet Siegfried Staab.

Die Ausstellung besteht aus 20 „ermalten Fotografien“. Sie zeigen Kompositionen zum Kreuz. Kreuze sind nicht nur ein Symbol für Leid, sondern auch ein Symbol für die Überwindung des Leides. Kreuze weisen auf der Welt den Weg zum Frieden.

Das erste Mal wurde sie mit großem Erfolg auf dem Kirchentag in Nürnberg ausgestellt. Im September, Oktober befand sie sich in der Heilig Geist Kirche von Veitsbronn. Im Februar und März ist sie in Fürth, St. Paul zu sehen.

Die Ausstellung ist nicht zu verwechseln mit einem Kreuzweg. Nicht der Christuskörper, der am Kreuz hängt, prägt die Bilder. Sondern das Kreuz für sich. Die Kreuzigung steht nicht für fröhliche Gedanken. Sie ist der Trauer gewidmet. Das Kreuz selbst bildet jedoch die ewige Verbindung zwischen Himmel und Erde. Dieses blanke, nackte, zersetzte, alternde Kreuz überwindet die Trauer und steht für die Hoffnung. Natürlich finden wir die Kreuze in allen christlichen Kirchen. Seit dem vierten Jahrhundert zurzeit von Kaiser Konstantin ist das Kreuz das Symbol der Christen. Aber auch die Wegkreuze beeindrucken und setzen Zeichen in einer Welt voller Zweifel. Vielfach stehen sie an Weggabelungen. Oder auf einem Hügel oder Berggipfel. Damit wird das Kreuz zu einem Symbol für die Stabilität unserer Gesellschaft.

Die Bilder wirken wie gemalt, aber sie sind Fotografien, bearbeitet, so dass sie die Wirkung von Gemälden bekommen.

Die Ausstellung „Weg der Kreuze“ wurde das erste Mal auf dem Kirchentag in Nürnberg gezeigt und erhielt viel Aufmerksamkeit. Nun stehen die Kreuze bereit, in Gemeinden ausgestellt zu werden, um dort ihre Botschaft zu wiederholen.

Die Gemeinde der Friedenskirche in Tuchenbach und der Künstler laden zur Vernissage am 29. Dezember 2023 ein. Der Künstler wird erläutern, wie dieser Bilder-Zyklus entstanden ist. Die Ausstellung kann bis zum 31.1.2024 besichtigt werden.

Europäische Weisheitsgeschichten Teil 1

Weisheit

Europäische Weisheitsgeschichten Teil 1

gesammelt und „modernisiert“ von Werner Schwanfelder

ISBN: 9798870192291

Imprint: Independently published

Copyright: Werner Schwanfelder, Januar 2024

Ein Steinmetz baut eine Kathedrale

 

Ein Spaziergänger ging an einer Baustelle vorbei. Er beobachtete drei Steinmetze, die dort ihrer Arbeit nachgingen. Nach einer Weile fragte er: „Was machen die denn hier?“

Der erste Steinmetz schob mürrisch ein paar Steine beiseite und sagte: „Ich verdiene hier meinen Lebensunterhalt.“

Der zweite Steinmetz klopfte mit wichtiger Miene auf seinen Stein und antwortete: „Ich liefere die beste Steinmetzarbeit weit und breit“.

Der dritte Steinmetz schaute den Spaziergänger mit ruhigen Augen an und sagte: „Ich baue eine Kathedrale.“

Psalm 31 Meine Zeit steht in deinen Händen

Psalm 31 Meine Zeit steht in deinen Händen

Ich beginne gerade ein neues Leben in der Fremde.

Ich habe meine Vergangenheit zurückgelassen,

mache mich auf, mir eine neue Existenz zu schaffen.

Ich habe mein Leben immer nach dir ausgerichtet.

Meine Gebete habe ich an dich gerichtet.

Du hast mir Antwort gegeben.

Davon konnte ich in meinem Leben profitieren.

Ich habe in meinem Leben vieles richtiggemacht.

Ich habe allerdings auch manche Fehler gemacht.

Nicht alle Vorhaben sind aufgegangen, nicht immer waren meine Überlegungen richtig.

Ich weiß, dass ich gesündigt habe.

Aber dennoch bilde ich mir ein, dass ich zu deinen Gläubigen gehöre.

Ich will zu ihnen gehören.

Nun stehe ich in der Fremde.

Alles ist neu, vieles verstehe ich nicht, meine Zukunft ist mir nicht klar.

Ich spreche die Sprache dieser Menschen nicht,

ich kenne die Geschichte des Landes nicht,

ich kann die wirtschaftlichen Gegebenheiten nicht beurteilen.

Du hast mir die Chance gegeben, neu zu beginnen.

Ich habe diese Möglichkeit ergriffen, zugesagt.

Ich habe dir versprochen,

dass ich dir auch mein neues Leben weihen will.

Ich werde die Aufgaben erfüllen, die du für mich vorgesehen hast.

Nun habe ich Ängste, dass ich dich nicht mehr höre.

In der letzten Zeit war deine Stimme so still.

Wie soll ich nun weiter vorgehen? Wie komme ich zu Arbeit und Brot?

Ich habe viele Gefahren bestanden auf dem Weg in dieses Land.

Du hast mich behütet, selbst wenn ich dich nicht mehr so genau verstanden habe.

Aber nun ist deine Stimme vollkommen verstummt.

Dennoch habe ich es irgendwie geschafft.

Ich bin hier, nicht ertrunken, nicht erschossen.

Ich lebe.

Ich glaube, dass ich Anspruch habe auf ein gutes Leben.

Dafür will ich auch deinen Namen überall ehren und verkündigen.

Auch wenn ich verspottet werde,

wenn mich viele Menschen nicht ernst nehmen.

Meine Zeit steht in deinen Händen.

Errette mich also von denen, die mich mit Missbilligung strafen.

Schick mir die, die mich gut aufnehmen.

Ich will überleben.

Bereits das Überleben ist für mich ein Erfolg.

Ich danke dir, dass meine Zeit in deinen Händen steht.

Psalm 30 Errettung aus der Not

Psalm 30 Errettung aus Not

Herr mein Gott, ich lag darnieder in einer schweren Krankheit.

Chirurgen, Neurologen, Anästhesisten, Psychologen und viele andere kümmerten sich um mich.

Du hast mir die besten Ärzte ausgesucht und die liebevollsten Krankenpfleger.

Sie haben mich aus der Tiefe der Krankheit gerissen

und mir wieder das Leben geschenkt.

Dies habe ich dir zu verdanken

und den Menschen, die zu mir geschickt hast.

Es war für mich ein Wunder.

Nun geht es mir besser.

Das Leben umfängt mich wieder.

Ich werde dir dieses Wunder nie vergessen.

Immerdar werde ich dich lobpreisen.

Ich werde Kerzen für dich entzünden und dich anbeten.

Ich will ein besserer Mensch werden.

Ich will mich für andere Menschen,

die von Krankheit gepeinigt sind, einsetzen.

Ich lasse mich von dir schicken,

wohin du mich benötigst.

Ich werde dir ewig dankbar sein.

Psalm 28: Vernichte meine Feinde

Psalm 28: Vernichte meine Feinde

Herr, wir sind friedliebende Menschen.

Wir glauben an deine Größe und an deine Macht.

Wir haben uns immer auf deinen Schutz verlassen.

Nun werden wir aber angegriffen, überfallen.

Panzer rollen durch unsere Straßen und schießen in einfache Wohnhäuser.

Viele unserer Mitbürger sterben in einem Flammenmeer.

Vom Himmel regnet es Bomben und wir können uns nicht verstecken.

Auf der Straße hat unser Feind seine Soldaten geschickt.

Sie zücken ihre Kalaschnikows und erschießen willkürlich Passanten.

Sie haben den Tod in unser Land gebracht.

Du hast uns nicht geschützt.

Warum siehst du weg?

Wir bitten dich nun, dass du uns rächst.

Vernichte die Soldaten und Generäle, die uns nach dem Leben trachten.

Töte die Machthaber und die Entscheider.

Lass die Bürokraten in den Kriegsministerien verstummen.

Schlage die Unterstützer mit Blindheit.

Zerstöre ihre Städte, wie sie unsere zerstört haben.

Die Mütter sollen obdachlos werden, die Väter auf der Straße verrecken. Ihre Kinder werden nach Sibirien verbannt.

Herr, wir sprechen diese Bitten mit Kummer aus.

Weil wir nicht mehr wissen, ob du uns beistehst.

Beweise, dass du unser Gott bist.

Wir werden dich erst wieder loben und anbeten,

wenn du unsere Bitten erfüllt hast.