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Den Psalm habe ich schon vor langer Zeit geschrieben. Heute habe ich ihn wieder einmal gelesen. Da dachte ich: Das ist ein Corona-Psalm. Eigentlich habe ich ihn überschrieben mit “ Schwimm weiter“. Genauso geht es uns jetzt in den Corona-Zeiten. Die Botschaft lautet: „Schwimm weiter“.

 

Ich bin der Schwimmer.

Vor meinem Entschluss, vor meinem Wagnis, vor dem Beginn habe ich meditiert, mit Dir gesprochen, gebetet, gefragt. Du hast gesagt: „Schwimm!“ So bin ich in das Wasser gestiegen und habe mich den Wellen entgegengeworfen, habe ein Ziel anvisiert, das ich noch gar nicht richtig sehen konnte.

Ich war voller Freude, ich spürte meine Kraft. Meine Muskeln bebten, meine Arme durchpflügten das Wasser, meine Beine unterstützten den Körper. Ich war guten Mutes, voller Hoffnung. Ich sprach mit Dir; Du sagtest anerkennend: „Du schwimmst gut.“

Das war eine Aufforderung für mich. Ich wollte mich anstrengen, schneller schwimmen, in kürzerer Zeit das Ufer erreichen. Doch mein Atem wurde hastiger. So bremste ich meinen Schwung etwas ab. Du sagtest: „Schwimm in aller Ruhe.“

Das befolgte ich. Ab und zu legte ich mich auf den Rücken um auszuruhen. Meine Kräfte nahmen ab, Wille und Ausdauer sind noch da. Ich muss haushalten. Du sagtest: „Schwimm weiter.“

Ich bin geschwommen. Ich weiß nicht wie lange, eine Ewigkeit. Mein Denken setzte aus und meine Bewegungen wurden automatisch. Ich wiederholte sie, immer wieder, ohne zu zählen, ohne an ein Ziel zu denken. Ich existierte und schwamm. Du sagtest: „Schwimm weiter.“

Ich bin erschöpft. Ich merke, dass ich nicht ewig durchhalten werde. Irgendwann ist meine Kraft am Ende. Ich rief Dich an, laut. Ich schluckte Wasser. Kämpfte mich wieder vorwärts. Du antwortetest: „Halte durch. Schwimm weiter.“

Ich werde das Ufer nicht erreichen, ich habe mich überschätzt. Gott, Du hast mich nicht richtig beraten. Du hättest mir sagen können, dass diese Überquerung dummer Jungenkram ist. Ich bin ein Mann, erwachsen, zu alt für solche Spielereien. Herr, ich kann nicht mehr. Du sagtest: „Schwimm weiter. Schwimm weiter. Ich bin bei dir.“

Nein, ich bin alleine im Wasser. Wo bist Du? Ich sehe Dich nicht. Ich nehme alle meine Kraft zusammen und werde wieder etwas schneller. Alle Sehnen, alle Nerven, alle Muskeln spanne ich an, um, die letzte Strecke zu überwinden. Ich bilde mir ein, dass ich das Ufer sehe. Ich frage Gott: Ist das mein Ziel? Er sagt: „Halt durch. Ich bin mit Dir.“

Ja, ich fühle plötzlich, dass ich getragen werde. Ich kann nicht ertrinken, eine mächtige Hand hält mich über Wasser. Ich mache weite Armbewegungen, meine Beine sacken nach unten. Sie spüren Grund. Ich bin gerettet. Ich habe mein Ziel erreicht. Ich danke Gott voller Freude. Gott sagt: „Ich bin immer bei Dir. Sage es weiter. Ich bin bei allen Menschen, die sich auf mich verlassen.“

Ich wate nun im seichten Wasser. Das kostete Kraft, die Gefahr ist vorbei. Ich muss meine Beine immer wieder anheben, ausschreiten. Dort vorne ist der Strand. Er ist ganz nah.

Und ich bin voller Ruhe, denn ich weiß, er ist mit mir.

Ich bin der Schwimmer, er ist der Retter.

 

 

 

Ich bewundere Menschen, die den Ärmelkanal überwinden. Das ist nichts für mich. Mir genügt das tägliche Leben. In diesem Leben komme ich mir wie ein Schwimmer vor. Ich, der Schwimmer, bin angetreten, das Leben zu meistern. Das Leben ist mein Ärmelkanal. Die heutigen Sportler werden von einem Trainer begleitet. Er ermahnt sie, baut sie auf. Er feuert sie an: „Schwimm weiter.“ Trainer gibt es im täglichen Leben. Vielleicht ein Freund, ein Lehrer… Sie sind von Gott gesandt. Vielleicht sind sie Engel. Denn es ist Gott, der uns immer wieder ermuntert: „Schwimm weiter. Ich bin bei Dir.“

 

 

Die längste Strecke ohne Pause und ohne Hilfsmittel schwamm der Kroate Veljko Rogosic. Er überwand unglaubliche 225 Kilometer in einem Stück. Für diese Strecke durch die Adria brauchte er im Jahr 2006 über 50 Stunden.