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Was hat Niederfüllbach mit Afrika zu tun?

Es gab einen Coburger Prinzen namens Leopold. Er erwarb 1820 das Schloss Niederfüllbach. Es war ein eher bescheidenes Herrschaftshaus an einen pappelgesäumten Weiher. Leopold hatte in erster Ehe Charlotte Augusta geheiratet, die Tochter des britischen Prinzen von Wales. Mit dieser Heirat bestand für Leopold die Aussicht, eines Tages Prinzgemahl der britischen Königin zu werden. Charlotte Augusta verstarb jedoch an den Folgen einer Totgeburt, sodass aus diesen Plänen nichts wurde. Daher heiratete Leopold schnell entschlossen in der Niederfüllbacher Kirche die Schauspielerin Caroline Bauer. Er verlebte mit ihr die Flitterwochen im Schloss von Niederfüllbach. Diese Ehe hielt allerdings nicht lange, denn 1831 wurde dem Prinzen der Thron Belgiens angeboten. Leopold verabschiedete sich von seiner Frau und ging nach Belgien und regierte als Leopold I. Sein Sohn Leopold II. ist in der Geschichte besonders bekannt, weil er den afrikanischen Staat Kongo zu seinem Privatbesitz erkoren hatte. Er wollte der persönliche Eigentümer und Souverän sein. Basis hierfür war der Kongovertrag von 1885. Leopold II. agierte im Kongo äußerst brutal und grausam. Er gilt als Musterbeispiel für die koloniale Ausbeutung Afrikas. 1907 gründete er die Niederfüllbacher Stiftung und versuchte sein afrikanisches Kongo in diese Stiftung zu überführen, um das Land seinen Nachkommen zu sichern. Nach dem Tod von König Leopold wurde gegen die Stiftung prozessiert. Unter anderem stellte der belgische Staat Ansprüche auf die Stiftungswerte – weitgehend erfolgreich. Mit dem Ersten Weltkrieg wurden diese rechtlichen Auseinandersetzungen beendet. Die Stiftung gibt es heute noch. Sie verwaltet jedoch „nur“ den familiären Grundbesitz im Coburger Land.

So ist Niederfüllbach in der Weltgeschichte bekannt geworden. Das Schloss existiert noch. Eigentlich sollte es abgebrochen werden, denn die Eigentümer hatten keine Mittel, um es zu sanieren. 1966 erwarb ein Architekt das Schloss und bewahrte es vor dem Abbruch. Das Schloss ist eine zweiflügelige Anlage ohne größere Besonderheiten.

Die Hochzeitskirche

Die Schlosskirche ist ebenfalls erhalten. Auch zu der Schlosskirche gibt es eine bemerkenswerte Geschichte. Aufgrund einer strittigen Grenzlage der Kirchensprengel ergab sich eine unklare Kompetenz der Kirchenbehörden. Das ermöglichte es dem Ortspfarrer, die Hochzeitspapiere großzügig zu interpretieren. Das nutzten Heiratswillige ab 1730 bis Anfang des 19. Jahrhunderts aus und ließen sich in der Niederfüllbacher Schlosskirche trauen. Sie kamen aus ganz Deutschland. Der Ort hatte damals eine Sonderstellung wie heute zum Beispiel Gretna Green.

Die Kirche ist ein Saalbau. Auf dem Dach befindet sich ein kleines Türmchen. Im Inneren gibt es eine Empore, die die Orgel aufnimmt. Zu erwähnen ist vielleicht noch die hölzerne Kanzel, die von Prinz Leopold gestiftet worden ist.

In Niederfüllbach befindet sich in der Uferstraße 1 der Landgasthof „Beckenhaus“. Er hat einen wunderschönen Biergarten, idyllisch am Schlosspark gelegen. Unter dem Schatten der großen Kastanienbäume schmeckt ein frisch angezapftes Bier besonders gut.