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Der Weg des Frommen

Der Weg des Frommen, der Weg des Frevlers

(Ein Bitt-Psalm, nach Psalm 1)

Wohl dem, der nicht wandelt mit den Gottlosen.

Aber Herr, wer sind die Gottlosen? Ich will nicht mit ihnen wandeln, mich nicht verführen lassen. Wer aber sich die Gottlosen? Gehört mein Bruder dazu, mein Arbeitskollege, der Migrant aus Syrien, der Humanist, der Lehrer?

Wen kann ich befragen? Wer gibt mir Rat?

Wohl dem, der neben den Gerechten daher schreitet.

Herr, Du vergleichst die Gerechten mit einem Baum, gepflanzt an den Wasserbächen, der seine Frucht bringt zu seiner Zeit, und seine Blätter nicht verwelken. Sind die Gerechten die Erfolgreichen auf dieser Welt?

Herr Du versicherst, dass die Gottlosen sind wie Spreu, die der Wind verstreut. Darum bestehen die Gottlosen nicht vor Gericht und nicht vor den Gerechten. Aber Herr, warum warnst Du mich vor den Gottlosen, wenn sie ohnehin wie Spreu im Wind verstreuen?

Herr, ich bin verwirrt. Wen kann ich befragen? Wer gibt mir Rat?

Du behauptest, Du kennst meinen Weg, denn Du zählst mich zu den Gerechten. Darf ich hoffen, dass wir in einer Gott-gefälligen Welt leben? Dass sich alles Göttliche über die Zwietracht, den Hass, die Verleumdung erhebt? Dass Du die Sünder bereits aussortiert hast?

Warum aber Herr, gibt es dann auf der Welt noch so viel Unrecht? Herr, kann es sein, dass die Gerechten ungerecht sind und die Ungerechten gerecht?

Herr, ich bin verwirrt. Wen kann ich befragen? Wer gibt mir Rat?

Du hast den Menschen unterschiedliche Begabungen gegeben. Du lässt vielfältige Meinungen zu. Du akzeptierst sogar gegensätzliche Handlungen?

Herr, schicke die Gerechten zu den Gottlosen und gib den Gottlosen den Mut mit den Gerechten zu reden, miteinander zu leben und zu sein, zu essen, zu trinken, sich zu verstehen. Damit die Gerechten von den Gottlosen und die Gottlosen von den Gerechten lernen.

Dann eröffnet sich eine Welt, in der die Gerechten nicht mehr ganz so gerecht sind und die Gottlosen nicht mehr ganz so gottlos sind. Vielleicht ist das eine Welt, in der die Menschen sich annehmen und füreinander einstehen. Wohl dem, der wandelt im Rat der weisen Menschen.

 

(Wenn der Mensch nicht mehr unterscheiden kann zwischen Gottlosen und Gerechten ist es umso wichtiger, dass wir Gott um die notwendige Klarheit bitten.)