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Palmsonntag

 

Jesus marschiert.

Mit seinen Jüngern.

Und anderen.

Unbekannten, nicht genannten.

Aber Begeisterten.

Ihr Ziel Jerusalem.

Die schönste Stadt in der ganzen Welt.

Damals – für die Juden.

Besonders zum Passahfest.

Überfüllt.

Oh je.

Viel zu viele Pferde und Esel und Karren.

Zu viel Verkehr.

Voller römischer Soldaten.

Ungeliebt.

An jeder Straßenecke stehen sie.

Sie sind nervös.

Wechseln den Standfuß.

Von rechts auf links.

Von links auf rechts.

Aber das Volk ist freudig erregt.

Die Kinder singen.

Die Erwachsenen sind voller Vorfreude.

Die Männer schlachten ein Tier für den Festtag.

Die Frauen backen Brot.

In der Stadt verbreitet sich eine Botschaft.

Welche Botschaft?

Wo kommt sie her?

Facebook, Twitter?

Egal.

Jesus ist auf dem Weg nach Jerusalem.

Die Menschen freuten sich über diese Nachricht.

Lachen.

Das Gesicht zu einer Grimasse verziehen.

Jubilieren.

Warum eigentlich?

„Weil Jesus kommt.“ Schreit einer.

Wer ist Jesus?

Alle scheinen, ihn zu kennen.

Sie greifen nach Palmzweigen.

Die liegen in den Gassen herum.

Sonst nicht geachtet.

Mit ihnen fegt man die Straße.

Normalerweise.

Nun werden sie als Fahne genutzt.

Manchmal auch als Schattenspender.

Denn die Sonne scheint bereits stark auf die Welt herab.

Sonne ist schön, ist gut.

Aber es war in den letzten Wochen viel zu trocken.

Auch schon im letzten Jahr.

Die Pflanzen wachsen nicht.

Verdorren.

Auch das Getreide entwickelt sich nicht gut.

Vielleicht sorgt Jesus für Regen.

Man sagt, er macht Wunder.

Es liegt jedenfalls viel Hoffnung in der Luft.

Die Menschen laufen Jesus entgegen.

Warum warten sie nicht, bis er die die Stadt betritt?

Sie fiebern nach seiner Nähe.

Vielleicht können sie ein Autogramm ergattern.

Ist das nicht aufdringlich? Lasst ihn doch ausschreiten.

Zügig, Schritt für Schritt.

Er ist kräftig. Mit großen Schritten kommt er nun in die Stadt, passiert das Stadttor.

„Hosianna!“ rufen die Menschen.

„Gesegnet ist er, der im Namen des Herrn kommt.“

Ist das nicht etwas übertrieben?

Woher weiß dies der einfache Bürger?

Die Schriftgelehrten haben es nicht ausgesprochen.

Die Idee ist im Volk entstanden.

Ein Gerücht. Vielleicht Fake?

Verbreitet sich.

Eine Medienkampagne?

Aus vielen Kehlen ruft es nach seinem Segen.

Schließlich laut.

Gut zu vernehmen.

Wie ein Donnerhall:

„Er ist der König Israels!“

Wie ist das zu verstehen?

Es gibt bereits einen König. Gibt es zwei Könige?

Dieses Geschrei erschöpft Jesus. Seine Schritte werden langsamer.

Seine Jünger zerren einen Esel herbei.

Sie ermahnen ihn:

Setzt Dich auf den Esel. Schon Deine Kräfte.

Er will nicht.

Aber sie bitten. Einer sagt sogar: „So steht es in der Schrift.“

So lässt sich Jesus überreden.

So soll es sein.

Er sitzt nicht eben bequem auf dem Esel

Auch Jesus erreicht nicht alles. Er kann sich nicht immer durchsetzen.

Er muss auf seine Berater hören.

Er muss sich dem Willen des Volkes beugen.

Oder vielleicht auch nicht.

Niemand kann machen, was er will.

So wird die Schrift erfüllt.

Stellen jedenfalls die fest, die diese Geschichte fast 100 Jahre später niederschreiben.

„Fürchte dich nicht, Tochter Zion! Dein König kommt! Er sitzt auf dem Jungen einer Eselin.“

Selbst den Jüngern war dieser Zusammenhang nicht klar.

Aber nachdenken hilft.

Ihnen fällt es wie Schuppen von den Augen.

So sagt man.

Sie sehen Jesus in seiner Herrlichkeit.

Woran erkennt man Herrlichkeit?

Weil die Person glänzt.

Weil sie in einen Sonnenstrahl gehüllt ist.

Die Jünger jedenfalls erkannten die Herrlichkeit.

Schon lange.

Mit der Gewissheit, dass er König werden wird.

Noch ist er es nicht.

Aber das Volk wird ihn ausrufen.

Brüllen.

„Hosianna!“

Sie werden ihn auf den Thron setzen.

Dann wird Jesus auch für Regen sorgen.

Er wird das Getreide wachsen lassen.

Er wird den Armen zu essen geben.

Wunder.

Wunder gibt es immer wieder.

Wenn Jesus die Macht ergreift.

Im Land Israel ist nicht alles so gut, wie es den Anschein hat.

Aber jetzt kommt jedenfalls der König. Das ist gut so.

Es ist herrlich.

Die Menschen glauben, Jesus zu kennen.

Er hat einen Ruf.

Image.

Man nimmt an, ihn zu kennen.

Schließlich hat er Lazarus aus dem Grab gerufen und ihn auferweckt.

Das war doch diese wahnsinnige Geschichte.

Wie ein Toter aus dem Totenreich zurückkehrt.

Alle Menschen

Anscheinend alle

Wissen Bescheid.

Dabei hat keiner von ihnen mit Lazarus gesprochen.

Dieser Lazarus hat sich zurückgezogen. Er gab keine Interviews.

Und es gab auch keine Fernsehbilder von ihm. Auf Facebook konnte man Einiges lesen.

Aber nicht viel.

Und trotzdem. Alle wissen es.

Jedenfalls ist das Volk begeistert von diesem Jesus.

Was macht er eigentlich so? Hat er einen Beruf? Wie verdient er sein Geld?

Nicht so wichtig.

Begeisterung braucht keine kleinlichen Informationen.

Jedenfalls macht er Zeichen.

Zeichen?

Naja, Wunder.

Nur die Pharisäer lassen sich von dieser Begeisterung nicht anstecken.

Sie sehen eher skeptisch auf das Volk.

Das Volk ist wankelmütig. Dem Volk kann man nicht vertrauen.

Aber man muss es beachten.

Man kann nicht gegen das Volk agieren.

Sie diskutieren, stecken ihre Köpfe zusammen.

Einer sagt: „Wir können jetzt nichts unternehmen. Alle Welt, alles Volk läuft ihm nach.“

„Wir können nicht Hand an ihn legen.“

Was hatten sie vor?

Noch keine Pläne. Nur ärgerlich.

Dieses Aufsehen ist übertrieben.

Aber sie nehmen zur Kenntnis, dass er in Jerusalem einreitet.

Auf einem Esel.

Die Menschen werfen Palmzweige auf den Boden.

Zu seinen Füssen.

Palmzweige wie ein Teppich.

Ein grüner Teppich über der staubigen Gasse.

Von Jesus gibt es übrigens keine Stellungnahme.

Er kommentiert nicht.

Er verkündigt nicht.

Er predigt nicht.

Er verhält sich still.

Vielleicht betet er.

Aber das weiß natürlich niemand.