Schicksal
Eine Geschichte aus der arabischen Welt, entstanden im späten Mittelalter. Es geht um die Konfrontation mit dem Tod.
Der Maharadscha von Damaskus war ein kluger und großzügiger Herrscher. Er hatte es sich zur Aufgabe gemacht, junge Menschen in jeder Hinsicht zu fördern. An seinem Hof gab es einen hochbegabten jungen Mann, der ihm eines Tages, laut nach Hilfe rufend, aus dem Garten entgegenkam.
„Was ist los?“ Fragte der Maharadscha.
„Gebt mir ein Pferd, gebt mir Euer bestes Pferd. Ich muss noch heute nach Bagdad reiten.“ Rief der junge Mann.
Begütigend nickte der Ältere. „Du sollst es haben. Sofort wird es dir gebracht. Aber sag mir doch, wofür du es brauchst?“
Der junge Mann erzählte voller Aufregung: „Ich habe eben im Garten den Tod getroffen. Er hatte die Arme nach mir ausgestreckt, und ich bin ihm knapp entflohen. Ich muss noch heute nach Bagdad reisen, um meine Träume zu erfüllen, bevor es zu spät ist.“
Er sprang auf das Pferd und raste davon.
Der Maharadscha ging daraufhin nachdenklich in den Garten, traf dort den Tod und fragte ihn: „Warum musstest du denn den jungen Mann so erschrecken?“
Der Tod zuckte die Schulter. „Ich wollte ihn nicht erschrecken. Ich habe nur vor Verwunderung meine Arme in die Luft geworfen. Ich habe gar nicht damit gerechnet, ihn hier im Garten anzutreffen, denn wir haben heute Nacht eine Verabredung in Bagdad.“