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Die Segenkugeln

War es ein Traum oder ein Schimmer des Unterbewussten in der Realität? Wie auch immer, ich stand vor Gott. Er wirkte auf mich nicht göttlich, wobei ich ihn nicht beschreiben kann. Gott kann man eben nicht beschreiben. Er sagte zu mir: „Ich habe dich hierher bestellt, weil ich eine Aufgabe für dich habe.“ Ich war einigermaßen überrascht. Bisher dachte ich immer, Gott benötige keine menschliche Hilfe. Aber ich lasse mich gerne überraschen.

Neben Gott stand ein riesiger Korb. In diesem befanden sich Kugeln. Zuerst dachte ich, es seien Hagelkörner, die er über die Erde verstreuen wollte. Als ich aber eine dieser Kugeln anfasste, stellte ich fest, dass sie warm waren, ziemlich elastisch, aber dennoch geschützt von einer durchaus festen Haut.

Gott beobachtete mich. Er konnte mir meine Fragen vom Gesicht ablesen. Daher beeilte er sich, mich aufzuklären. „Das sind Segenskugeln.“ Sagte er, was ich aber nicht sehr erklärend empfand. „Du weißt doch, wie Gott auf die Welt einwirkt? Einfach mit seinem Segen. Wenn du so willst, motivierende ich die Menschen über den Segen, den ich auf sie verteile.“ Ich nickte, obwohl ich immer noch nicht so richtig verstanden hatte. Aber wer versteht schon Gott?

„Ich bitte dich um deine Hilfe.“ Sagte Gott. Er lenkte meine Blicke nach unten. Nun erst fand ich Aufmerksamkeit für meine Umgebung. Wir standen auf einer Brücke oder auf einer Aussichtsplattform. Unter uns war eine Erdenfläche, auf der sich viele Menschen befanden. Als ich genau hinsah, erkannte ich viele bekannte Gesichter. Unter den Menschen waren viele Freunde, meine Kinder und Enkelkinder, Verwandte, Nachbarn, aber auch Menschen, die ich im Augenblick gar nicht einordnen konnte.

„Du nimmst die Segenkugeln und wirfst sie hinunter auf die Menschen. Wenn sie treffen, springen sie auf und der Segen ergießt sich in den Menschen. Diese haben daraufhin ein großes Glücksgefühl.“ Ich sah Gott an, zweifelte keinen Augenblick an seinen Worten. Natürlich wollte ich ihm behilflich sein. Ich nahm eine der Segenkugeln und warf sie mit aller Kraft hinunter auf die Menschen. Ich dachte mir, hoffentlich trifft sie einen Menschen, denn sonst geht der Segen verloren. Aber darüber musste ich mir keine Sorgen machen, denn jede Kugel die ich hinunter auf die Menschen warf, traf exakt.

Bei jedem Treffer jubelten die Menschen, rissen die Hände hoch, stießen Freudenschreie aus und umarmten sich. Der Segen schenkte den Menschen ein übergroßes Glücksgefühl. Das motivierte mich. Ich warf mit aller Kraft eine Kugel nach der andern auf die Erde. Ich war ziemlich beschäftigt, weil in dem großen Korb eine fast unendliche Anzahl von Kugeln lag. Ich nahm jede einzelne Kugel in die Hand und warf sie auf die Erdenmenschen. Diese wurden nicht weniger. Die Glücklichen zogen weiter, widmeten sich ihrem Leben mit einem neuen Elan. Andere kamen, die noch nicht glücklich waren und hofften ebenfalls auf den Segen. Ich war sehr beschäftigt. Irgendwann nahm schließlich der Vorrat an Kugeln ab. Ich hatte Angst, dass ich nicht alle Menschen mit Segen versorgen konnte. Obwohl ich erschöpft war, bat ich Gott um neue Kugeln. Aber dieser behauptete, es sei genug für heute. Er werde bald wieder neue Segenkugeln herstellen. So warf ich alle Kugeln hinunter auf die Menschen. Als ich die letzte Kugel mit aller Kraft auf die Erde warf, dachte ich einen Augenblick mit Entsetzen, dass ich für mich keine Kugel aufgehoben hatte. War ich jetzt ohne Segen?

Als ich Gott dies fragen wollte, durchzog mich ein Zucken und ich war anscheinend wieder in meiner Realität angelangt. Hatte ich doch nur geträumt? Ich war etwas benommen und nicht ganz klar im Kopf. Aber klar sah ich vor mir eine dieser Kugeln. Sie lag auf dem Tisch. Auf meinem Tisch. Ich wollte sie in die Hand nehmen, da zerbrach sie, löste sich in ein Licht auf und war verschwunden.

Nun bin ich getröstet, denn diese Segenskugel hat mich erreicht.