Wo ist Gott?

Wo ist Gott?

Wo ist Gott?

Ostern ist für mich das wichtigste Fest des Jahres. Und besonders wichtig ist mir der Karfreitag. Obwohl es an diesem Tag wirklich nichts zu feiern gibt. Es ist ein nichtöstlicher Tag, der von Ostern nur zwei Kalendertage entfernt ist.

Es ist zu Recht ein Tag der Trau­er. Mit gutem Gewissen können wir uns an diesem Tag der traurigen Realität der Welt bis hin zum Ende aller Gewissheiten hingeben. Es ist ein Tag, an dem Hilf­lo­sig­keit, Angst und Ver­zweif­lung ih­ren Platz ha­ben – Ver­zweif­lung über per­sön­li­ches Leid, Ver­zweif­lung über den Zu­stand der Welt.

Der Kar­frei­tag ist ein Tag, der das Leid und die Lei­den­den ehrt und wür­digt. Es ist ein grau­sam ehr­li­cher Tag, ein Tag oh­ne Hoff­nung auf Hal­le­lu­ja und Auf­er­ste­hung. Es ist ein Tag, der bit­ter spü­ren lässt: Der Tod ist et­was End­gül­ti­ges. Im Karfreitag keimt nicht einmal die Idee der auf Entstehung.

In den Kir­chen ver­klingt die Or­gel, die Bi­bel wird zu­ge­schla­gen, die Lich­ter ge­hen aus; es herrscht Stil­le, To­des­stil­le.

Ich bin an diesem Karfreitag in Oberasbach, einer schlichten aber dennoch offenen Kirche, in der mein „Weg der Kreuze“ ausgestellt ist. Jedes einzelne Bild gibt ein Plädoyer für den Karfreitag ab. Das Kreuz und damit das Leiden stehen im Vordergrund.

An diesem Tag gedenken wir einen Jus­tiz­mord, be­gan­gen an ei­nem Je­sus von Na­za­reth vor zwei­tau­send Jah­ren. Die Er­zäh­lun­gen dar­über, Evan­ge­li­en ge­nannt, wur­den kurz nach der Ka­ta­stro­phe des Jü­di­schen Krie­ges im Jahr 70 ge­schrie­ben – der kei­ne Zei­ten­wen­de war, son­dern ein Zei­ten­en­de: Der Tem­pel war ver­nich­tet, das Land zer­stört, ein gro­ßer Teil der Be­völ­ke­rung von der rö­mi­schen Be­sat­zungs­macht ab­ge­schlach­tet wor­den.

Weil die Rö­mer nicht ge­nug vom Kreu­zi­gen be­kom­men konn­ten, war so­gar das Holz für die Kreu­ze knapp ge­wor­den. Heute fehlt den Kriegsparteien in unserer modernen Welt manchmal die Munition.

Die Evan­ge­li­en sind Trau­ma-Be­wäl­ti­gungs­li­te­ra­tur. Ge­schil­dert wird zu­erst ein­mal das Trau­ma von Gol­ga­tha, der Stät­te der Kreu­zi­gung: Die Son­ne ver­liert ih­ren Schein, die Fins­ter­nis sackt über al­les. Die Zu­kunft hat kei­ne Zu­kunft mehr.

Der Kar­frei­tag bringt ei­ne schmerz­haf­te Er­kennt­nis: Da ist kei­ne über­ir­di­sche All­macht, die von oben ein­greift, die das Schlim­me und das Schlimms­te ver­hin­dert – die klas­si­sche re­li­giö­se Hoff­nung wird ent­täuscht. Im Kar­frei­tags­evan­ge­li­um schreit der Je­sus am Kreuz, dass Gott ihn ver­las­sen hat: „Mein Gott, mein Gott, war­um hast du mich ver­las­sen?

Die­ser Schrei ei­nes Ein­zel­nen ist der Schrei der vie­len. Kar­frei­tag ist al­so der Tag der Gott­ab­we­sen­heit und der Gott­lo­sig­keit.

An die­sem Tag wird der an­geb­lich All­mäch­ti­ge nicht ver­tei­digt, an die­sem Tag ist die Ab­we­sen­heit Got­tes an­we­send. An die­sem Tag rich­tet sich der Blick auf die Gott­ver­las­sen­heit der Welt; die­ser Tag gibt de­nen recht, die sa­gen: Da ist kein Gott.

 

In die­sen Wo­chen des Jah­res 2025 ge­den­ken wir der Be­frei­ung der Kon­zen­tra­ti­ons­la­ger vor acht­zig Jah­ren. Auch für mich steht ein Besuch auf dem Programm. Ich will mich der Trauer dieses Ortes aussetzen. Dort und überall treibt die Menschen die Fra­ge um: „War­um hast du ge­schwie­gen, Gott?“ Auf diese Frage folgt eine lange Stille, weil es ei­ne be­frie­di­gen­de Ant­wort nicht gibt.

Der Glau­be an Gott ver­langt ent­we­der un­ge­heu­re Nai­vi­tät oder ein un­glaub­li­ches Rin­gen. Das Kreuz ist der Iden­ti­fi­ka­ti­ons­punkt für Le­bens- und To­des­er­fah­run­gen, die nicht auf­lös­bar sind. Es ist der Ort für die War­um-Fra­gen, die un­be­dingt ge­stellt wer­den müs­sen, auch wenn sie kei­ne letz­te Ant­wort fin­den. War­um ver­rät ei­ner sei­nen bes­ten Freund? War­um wäh­len so vie­le Men­schen ih­re ei­ge­nen Zer­stö­rer? War­um ha­be ich das bloß ge­tan? Mein Gott, mein Gott, war­um hast du mich ver­las­sen? Soll­te man Fra­gen, die kei­ne Lö­sung fin­den, bes­ser gar nicht stel­len? Im Ge­gen­teil! Sie sind le­bens­not­wen­dig und dar­um ös­ter­lich. Sie sind Le­ben. Nicht mehr zu fra­gen ist der Tod.

Was und wann ist Os­tern für die Mut­ter, bei der die Po­li­zis­ten mit der Not­fall­seel­sor­ge­rin an der Tür ste­hen und sa­gen: Ihr Sohn ist tot! Wo und wann ist Auf­er­ste­hung für den Mann, der im kirch­li­chen Kin­der­heim sa­dis­ti­sche Ge­walt er­lebt hat und der beim Wort Gott nur noch Ekel emp­fin­det? Wo und wann ist Hoffnung für einen Menschen, jung oder älter, der an Krebs tödlich erkrankt ist? Was und wenn ist Auf­er­ste­hung für die Gei­sel in Ga­za und die hun­gern­de Fa­mi­lie dort? Soll und kann man die­se Men­schen in ih­rem Leid wirk­lich trös­ten mit dem Satz „Du kannst nicht tie­fer fal­len als in Got­tes Hand“?

Os­tern ist ein un­fass­ba­res, ein un­mög­li­ches Fest. In den Evan­ge­li­en steht der hin­ge­rich­te­te und be­gra­be­ne Je­sus nach ein paar Ta­gen wie­der le­ben­dig da, als Sie­ger über den Tod. Das sei, so sagt es das Chris­ten­tum, das Ur­mo­dell für die Auf­er­ste­hung auch des nor­mal Sterb­li­chen. Auf­er­ste­hung be­deu­tet, in den Glau­ben einzutauchen und eben zu glauben, dass es sie gibt. Sie ist nicht ei­ne Wie­der­be­le­bung des Ver­gan­ge­nen; sie ist das Wun­der neu­er Hoff­nung in den al­ten hoff­nungs­lo­sen Si­tua­tio­nen. Auf­er­ste­hung ist, wenn man das Le­ben wie­der spürt.

(nach einem Text in der SZ.)

Wir erleben Valencia im Fallas-Fieber

Wir erleben Valencia im Fallas-Fieber

Im März steht ganz Valencia Kopf, das riesige Feuerfest, die Fallas, legt die gesamte Stadt lahm. Am 19. März 2025 werden die Figuren verbrannt.

Tischlern, modellieren, formen, gießen, einrahmen, zusammenbauen, lackieren, malen: So entsteht die Fallas-Figur. Die Fallas, das Mega-Volksfest in Valencia werden wie jedes Jahr vom 15. bis 19. März laut, bunt und spektakulär. Fünf Tage lang mokieren sich die Figuren zwischen Kitsch und Kunst über Missstände, bevor sie am Josefstag, in der Nacht vom 19. auf den 20. März 2025, in Flammen aufgehen.

Aufgrund der Bedeutung für die lokale Bevölkerung wurde die Fiesta 2016 zum Unesco-Kulturerbe erklärt. Denn längst lieben nicht nur Valencianer das Feuerfest, es kommen auch Besucher aus aller Welt. Die Riesenfiguren aus Holz und Pappmaché locken jedes Jahr Millionen Besucher in alle Viertel der Landeshauptstadt. Die Fallas läuten das Winterende ein und feiern den nahenden Frühlingsbeginn, so viel steht fest. Doch die meterhohen „Walt-Disney“-Figuren stehen auch für Satire und traditionelles Kunsthandwerk. Die Themen der Figuren sind aktuell, befreiend, politisch. Dieses Jahr geht es um Ukraine-Krieg, Inflation, die US-Präsidentschaftswahl und den Klimawandel. Die Figuren selbst, präzise, künstlerische Perfektion, genau durchdacht. Spätestens am Tag der plantà (Aufstellen) am Samstag, 15. März 2025, müssen die rund 800 großen und kleinen Figuren der knapp 400 Fiesta-Kommissionen mit einem Gesamtwert von über 9 Millionen Euro stehen.

Bei den Fallas in Valencia wird nicht gekleckert, sondern geklotzt – besonders in der Königsklasse, der Sección Especial. Zu Zeiten des Immobilienbooms durfte eine dieser Figuren noch gut und gerne 900.000 Euro kosten, heute müssen mindestens 90.000 investiert werden, um „Especial“ zu sein. Neun Fallas treten 2025 in dieser Kategorie an, es sind die größten, die teuersten, die von den prestigeträchtigsten Fallasbauern. An diesen Fallas-Figuren herrscht für gewöhnlich der größte Andrang, die meisten stehen im Stadtzentrum,

Das Gremium der Fallaskünstler wurde 1942 gegründet. Eines der wichtigsten Ziele war die Aufwertung des Berufsstandes (Zunft). Damals schwebte den Gründern ein eigener Bereich für Handwerker und ihre Fallas-Werkstätten vor. Am 17. März 1967 wurde mit dem Bau der ersten 50 Werkstätten begonnen, sodass das Viertel Ciutat Fallera das erste industrielle Themenzentrum in Spanien wurde. Es besteht aus einer Wohnanlage, dem Museo del Artista Fallero, dem Hauptsitz der Gilde und der Cooperativa de Artistas Falleros, die das Stadtviertel Valencias mit Materialien und Werkzeugen versorgt.

Aber, im Jahr 2025 ist die Ciutat Fallera ist nicht mehr das, was sie einst war. Es sind nur noch fünf Werkstätten und das Museo del Artista Fallero, ein fast archäologisches Archiv der Ninots und Fallas, übrig geblieben. Viele andere Talleros sind mit ihren Werkstätten außerhalb der Stadt gezogen. Eine Falla wird jedes Jahr als Publikumsliebling nominiert: Diese Figur wird „begnadigt“ und bei der cremà nicht verbrannt.

Weg der Kreuze in Oberasbach St. Markus vom 1.4. bis 21.4.2025

Weg der Kreuze in Oberasbach St. Markus vom 1.4. bis 21.4.2025

Oberasbach – St. Markus, Evang.-Luth. Kirchengemeinde, Markusweg 2, 90522 Oberasbach

Vernissage am 1.4.2025 um 19.00 Uhr  zusammen mit einer Andacht zum Bonhoeffer Gedenkjahr.

Bildbesprechung am 18.4.2025 zur Todesstunde Jesu um 15.00 Uhr

Ermalte Kreuze

Die Überschrift ist nicht auf den ersten Blick zu verstehen. Es handelt sich um Kreuze, die jedoch so verfremdet und bearbeitet sind, dass die Kreuzstruktur nicht immer bestehen bleibt. Es handelt sich um Fotografieren, die sich aber wie Gemälde anschauen lassen. Dahinter verbergen sich mehrere Bausteine. Der Ursprung ist tatsächlich eine Fotografie. Diese wird aber über verschiedene Bildbearbeitungsprogramme verändert. Dabei kann die Fotografie komplett in den Hintergrund treten und es erscheint für den Betrachter (in diesem Stadium der Bearbeitung für den Fotografen) eine ganz neue, teilweise zufällige teilweise auch beabsichtigte oder gehoffte Komposition. Diese kann in vielen Arbeitsschritten weiter verändert, angepasst, optimiert werden. Bis der Künstler zufrieden ist.

Diese Technik bezeichne ich mit dem Wort „ermalte Fotografie“. Dies erinnert an den Ursprung also an die Fotografie, aber gleichzeitig an die Bearbeitung eines Malers. Aus dieser Arbeitsweise entstehen beeindruckende Bilder.

Die Ausstellung ist nicht zu verwechseln mit einem Kreuzweg. Nicht der Christuskörper, der am Kreuz hängt, prägt die Bilder. Sondern das Kreuz für sich. Die Kreuzigung steht nicht für fröhliche Gedanken. Sie ist der Trauer gewidmet. Das Kreuz selbst bildet jedoch die ewige Verbindung zwischen Himmel und Erde. Dieses blanke, nackte, zersetzte, alternde Kreuz überwindet die Trauer und steht für die Hoffnung. Natürlich finden wir die Kreuze in allen christlichen Kirchen. Seit dem vierten Jahrhundert zurzeit von Kaiser Konstantin ist das Kreuz das Symbol der Christen. Aber auch die Wegkreuze beeindrucken und setzen Zeichen in einer Welt voller Zweifel. Vielfach stehen sie an Weggabelungen. Oder auf einem Hügel oder Berggipfel. Damit wird das Kreuz zu einem Symbol für die Stabilität unserer Gesellschaft.

Wer sich für diese Kreuz-Bilder interessiert, kann auf meiner Homepage in aller Ruhe blättern. Wer die Bilder in geeigneten Räumen ausstellen will, kann einfach mit mir Kontakt aufnehmen.

https://schwanfelder.info/kunst-projekte/kreuze/

Neuauflage: 111 Orte in Mittelfranken

Neuauflage: 111 Orte in Mittelfranken, die man gesehen haben muss

Wer oder was ist Mittelfranken?
Ich habe es nicht geglaubt. Nun ist es geschehen. Auf einer Berghütte
wurde ich mit dem Kampfruf der Mittelfranken konfrontiert:
»It is nice to be a Preiß. It is higher to be a Bayer. It is the best I can denk,
to be a Mittelfränk.« Bis dahin kannte ich niemanden, der sich spontan
als Mittelfranke bezeichnete. Nur als Franke. Basta.
Das Gründungsjahr der Region ist 1828; getauft auf Rezatkreis,
1838 umbenannt in Mittelfranken. Sehr phantasievoll war die
Namensschöpfung nicht. Mittelfranken liegt zwischen Unter- und
Oberfranken, wobei dies aber dann doch nicht ganz so logisch ist,
wenn man auf die Landkarte schaut. Immerhin nimmt Mittelfranken
eine Fläche von 7.200 Quadratkilometern ein, auf der 1,7 Millionen
Einwohner leben.
Uns Mittelfranken geht es gut. Wir leben in einer prosperierenden
Gegend. Die Arbeitslosenzahlen sind niedrig, die Kosten niedrig, das
Pro-Kopf-Einkommen ist hoch, die Sicherheit bestens, die Schul-
Dichte vorbildlich. Und wir haben jede Menge Geschichte, historische
Bauten, Kulturdenkmäler, Festivals, Parkanlagen und Seenlandschaften.
Wir sind attraktiv. Die, die hier leben, wollen nicht weg, die, die
zuziehen, auch nicht. Wir sind eine Region, in der die Welt noch in
Ordnung ist.
Ich berichte von Orten, Kirchen und Burgen. Sie alle haben ihre
individuelle Geschichte. Aber es gibt auch Gemeinsamkeiten. Das
Leben in der »guten alten Zeit« war nicht einfach. Es war geprägt von
Kriegen, Ungerechtigkeiten und Gewalt. Fachkräftemangel gab es auch
schon früher. Aus Frankreich, Österreich und anderen Ländern kamen
Emigranten, die eine friedliche Existenz suchten. Sie hauchten so manchen
Orten neues Leben ein. Ein Hoch auf unsere Neubürger. Und es
gab in Franken große jüdische Gemeinden. Sie haben das gesellschaftliche
Leben geprägt. Es ist uns Franken gut bekommen. Wenn man
dies vor Augen hat, kann man nur schließen mit einem: »Weiter so!«

Meine Meinung zur Wahl 2.25

Meine Meinung zur Wahl 2.24

Meine Meinung

Als ich heute Morgen meine Kaffeetasse zum Mund führte und gleichzeitig die Zeitung aufblätterte hatte ich eine Offenbarung: Ich dachte die DDR ist wieder erstanden. Die SZ titelte: “Der Osten ist blau“. Man könnte auch sagen, der ehemalige rote Osten ist braun geworden. Mein zweiter Gedanke war: Die Wiedervereinigung war ein Fehler. Dann hatte ich noch einen dritten Gedanken: Der Länderfinanzausgleich muss tatsächlich geändert werden. Warum sollen wir in Bayern einen blauen oder braunen Osten finanzieren? Soweit meine zugegebenermaßen populistischen Gedanken.

Gerne hätte ich unserem Landesfürsten eine Beteiligung der Grünen an der Bundesregierung vergönnt. Aber auf der anderen Seite bin ich erleichtert, dass die Liberalen und das BSW nicht in den Bundestag gekommen sind. Somit bestehen doch gewisse Chancen, eine stabile Regierung zu bilden. Schade, dass wir keine liberale Partei mehr im Parlament haben. Dem BSW weine ich keine Träne nach.

Die Li­be­ra­len ha­ben die Quit­tung für ihr be­mer­kens­wer­tes Zer­stö­rungs­werk er­hal­ten, die Wäh­ler­schaft hat sie oh­ne fal­sches Mit­leid ge­rupft. Sie ste­hen nicht nur vor den Trüm­mern der Am­pel­re­gie­rung, die sie we­sent­lich mit­rui­niert ha­ben, son­dern sie haben das Desaster auch der ei­ge­nen Überheblichkeit zu verdanken. Es kann ja nur Dummheit gewesen sein, wie sie 2024 sich mit ih­ren „D-Day“-Kon­spi­ra­tio­nen und un­er­füll­ba­ren Ma­xi­mal­for­de­run­gen in­sze­nier­ten. „Al­les lässt sich än­dern“, schrieb die FDP auf ih­ren Wahl­pla­ka­ten. Vielleicht meinten die Spin­dok­to­ren die Wäh­ler, die al­les än­derten, in­dem sie die Par­tei ein­fach aus dem Bun­des­tag war­fen.

Ich bin der Meinung, dass jedes Volk die Regierung hat, die es verdient. Der Bürger und Wähler ist der Souverän. Er hat allerdings auch die Folgen zu tragen. Nun hoffen wir alle auf unseren neuen Bundeskanzler März, der uns und der Welt das Heil bringt. Ich schätze ihn nicht gerade als großen Strategen ein. Jedenfalls hat er kein politisches Fingerspitzengefühl bewiesen, als er vollkommen unnötigerweise auf die Zusammenarbeit mit der AfD bestand. Man darf gespannt sein, wie sich dies entwickelt. Viele CDU-Vorhaben werden sich nur mit der AfD realisieren lassen. Unverständlich auch, wie man im Wahlkampf die Partner, die man später benötigt, überheblich als linke Spinner beschimpfen kann.

Merz’ Führungsanspruch hängt noch mehr als der von Scholz vom Budget ab. Die Durchsetzungsfähigkeit ist ja immer auch eine Frage der Zahlungsfähigkeit. Deutschlands Führungsrolle in Europa war stets gekauft, was nicht verwerflich ist, denn Europa hat über den Binnenmarkt auf Euro und Cent zurückgezahlt. Nun startet Merz mit doppelter Bürde: Erstens ist Deutschland nicht mehr der viel gerühmte (Wirtschafts-)Motor Europas; diese Funktion muss sich das Land erst noch hart erarbeiten. Zweitens fehlt die Haushaltskraft, um die sicherheitspolitischen Ausgaben dieser neuen Ordnung zu finanzieren.

Traurig macht mich, dass die SPD ihre Stammwählerschaft fast vollständig verloren hat. Die Arbeiter orientieren sich lieber an der AfD. Ob dieser Verlust an Vertrauen wieder gut gemacht werden kann, ist mehr als fraglich. Und schließlich die Grünen. Bei der letzten Wahl sah es wie eine Erfolgsgeschichte aus, zurückgeblieben sind gute Ansätze, aber nur wenige Ergebnisse. Die Gesellschaft hat sich jedenfalls nicht positiv verändert. Gut, dass diese Partei jetzt eine Phase der Erneuerung hat.

Die AfD strotzt vor Kraft und glaubt, nun eine Volkspartei geworden zu sein. Diesen Begriff haben wir immer mit Sta­bi­li­tät und Für­sor­ge verbunden. Die ra­di­ka­len Na­tio­na­lis­ten ka­pern jetzt die­se As­so­zia­tio­nen. Sie la­den diesen Be­griff aber mit Ag­gres­si­vi­tät und Zorn auf. (Die Ausführungen von Frau W. finde ich zum Kotzen. Ein Klick im Fernsehen und sie ist weg.) Die Nationalisten fol­gen dem be­kann­ten po­pu­lis­ti­schen Trick, sich zum Ver­tre­ter des wah­ren, un­ter­drück­ten Wil­lens des ge­sam­ten Vol­kes zu er­klä­ren. Bei der AfD klingt „Volks­par­tei“ nicht nach Re­for­men, son­dern nach Ra­che.

Jenseits des Atlantiks ist die Umsetzung der Rache bereits in vollem Gang. Mittlerweile wurden über 100.000 Staatsbedienstete entlassen. Vielleicht möglich, dass die Bürokratie zu viele Mitarbeiter hat, aber mit dieser Dimension setzt Trump die Funktionsfähigkeit der Gesellschaft außer Kraft. Viele dieser Entlassenen dürften selbst die Republikaner gewählt haben. Die Rechnung bekommen sie nun präsentiert. Und es wird in den nächsten Jahren noch viele Rechnungen geben, die bezahlt werden müssen.

Jedes Volk hat die Regierung, die es verdient und gewählt hat. Für unser Land könnten wir sagen, noch mal Glück gehabt. Aber dies wäre zu billig. In vier Jahren übernimmt die AfD die Kanzlerschaft. Was man dagegen machen kann? Die Politiker müssen Leistung erbringen. Die Bürger müssen sich konstruktiv beteiligen. Es ist bei allen Gelegenheiten der Diskurs mit den blauen Rechten zu führen. Bitte verzagt nicht.

Impressionen aus dem Oman

Impressionen aus dem Oman

Der Fischmarkt in Muscat

Fischauktion und Fischmarkt in Batinah

Gebirge, Wadis und Oasen

Ein kleiner Küstenort mit Namen Quriyat

Muscat, die Hauptstadt von Oman

Schiffsbauer-Stadt Sur

Einladung nach St. Martin

Einladung zur Vernissage der Ausstellung "Weg der Kreuze"

Am 12. Januar um 10.00 Uhr in der Kirche St. Martin in Fürth

Ich freue mich Euch bekanntzugeben, dass ich die Ausstellung „Weg der Kreuze“ vom 12. Januar bis 26. Januar in der Kirche von St. Martin in Fürth präsentieren kann.

Für mich eine Besonderheit, denn  dies ist meine Jugendgemeinde. Hier bin ich konfirmiert worden und habe die Jugendarbeit geleitet. Lang ist es her.

Am 12. Januar um 10.00 Uhr wird im Foyer Kaffee und Kuchen ausgegeben. Es folgt ein geistliches Wort als Überleitung zu den Kreuzen. Dann erkläre ich meine künstlerische Sicht auf die Ausstellung. Sigi Staab begleitet mich musikalisch.

Wer die Ausstellung noch nicht gesehen hat, ist herzlich eingeladen.

Am Montag, den 13. Januar um 19.00 Uhr findet ein Kunstgottesdienst statt mit dem Titel „Kunst und Kreuz“. Die Bilder sollen von den Zuschauern aus einem anderen Blickwinkel wahrgenommen werden. Ich bin auf diese Veranstaltung sehr gespannt.

Die St. Martinskirche befindet sich oberhalb der Billinganlage in der Hochstr. 14

Kommet zuhauf

„Weg der Kreuze“ führt nach St. Martin

Fotografisch hat Werner Schwanfelder seinen „Weg der Kreuze“ nachgezeigt. Nach Stationen im Landkreis ist die Ausstellung nun in der Fürther Kirche St. Martin zu sehen. Foto: Werner Schwanfelder

AUSSTELLUNG Fotografien widmen sich dem Hauptsinnzeichen des Christentums – Überraschung inklusive.

Reinhard Kalb

 

Die Ausstellung „Weg der Kreuze“ ist von diesem Sonntag an bis zum 26. Januar in St. Martin in Fürth täglich von 9 bis 16 Uhr zu besichtigen. Am 13. Januar um 19 Uhr findet ein Extra-Gottesdienst zur Ausstellung mit Musik und spezieller Beleuchtung statt.

Zu den merkwürdigsten Paradoxien des Christentums zählt der Widerspruch zwischen Aussage und bildlicher Darstellung beim Kernthema. Die Botschaft lautet: Christus ist von den Toten auferstanden und gen Himmel gefahren. Der Tod ist besiegt. Und wenn auch der Gläubige hienieden stirbt, so ist ihm doch ein neues Leben ganz anderer Art gewiss.

In den Kirchen, am Wegesrand, in Feld, Wald und Flur sieht man jedoch nicht den auferstandenen, von der Last des Diesseits befreiten Christus, sondern den sterbenden oder toten Jesus am Kreuz, am Tiefstpunkt menschlicher Existenz. Schmerz und Leiden sind nachvollziehbar, deren Überwindung durch göttlichen Eingriff offenbar nicht. Demnach hätte ja doch der Tod das letzte Wort. Könnte man meinen. Konsequent waren da die Hussiten des späten Mittelalters, sie ersetzten das Kreuz durch den Abendmahlskelch.

Dieses Paradoxon ist offenbar auch dem Fotografen Werner Schwanfelder aufgefallen. Seine Fotoausstellung „Weg der Kreuze“ in der Fürther Martinskirche (Hochstraße 14) versucht, Tod und Weiterleben, Leid und Leidüberwindung miteinander zu fusionieren. „Weg der Kreuze“ ist kein Kreuzweg nach katholischem Verständnis. Also keine Darstellung des Leidensweges Christi vom Urteil des Pilatus bis zur Grablegung.

Stattdessen kombiniert der Obermichelbacher in seinen 18 großformatigen Bildern Mehrfachbelichtungen und Überbelichtungen zu fotografischen Gemälden. So hängt ein durch Überbelichtung in sphärischem Weiß strahlender, feminin wirkender Christus am Kreuz. Bei genauerem Hinsehen erkennt der Betrachter: Das ist ja eine Christa. Die Gestalt hat einen Busen. Wer jetzt empört nach Luft schnappt, sollte sich fragen: Gilt die Nachfolge Christi nicht auch für Frauen?

Andere Fotografien zeigen hölzerne Kreuze in fortgeschrittenen Graden der Verwitterung, umwickelt mit Stacheldraht, in freier Landschaft oder verlassenen Werkhallen stehend, sehr plastisch oder, in psychedelische Farbmuster getaucht, ihre Plastizität preisgebend. Auch die Christusfigur hängt nicht plastisch am Kreuz, sondern schwebt vielmehr als Doppelbelichtung am bzw. vor dem Gebälk. Eine Idee, die schon Salvador Dal´í in einem Gemälde umgesetzt hatte. Solcherart verfremdet, darf sich der Betrachter seine Gedanken machen über die Neuinterpretationen eines uralten Bildmotivs.

Den Übergang von der Immanenz in die Transzendenz, vom Diesseits ins Jenseits, veranschaulicht Werner Schwanfelder mittels einer Schere. Aus einer bedruckten Leinwand hat er ein Kreuz ausgeschnitten. Der Stoff in Kreuzesform baumelt noch im Bild, doch die Lücken links, rechts und unten gewähren Einblick in den Bereich dahinter.

Davon abgesehen, ist das Kreuz kein Monopolsymbol des Christentums. Es ist eines der ältesten Symbole der Menschheit, das für Himmel und Erde, Hoch und Niedrig, Mann und Frau und für alle vier Himmelsrichtungen steht. Ursprünglich für den evangelischen Kirchentag in Nürnberg konzipiert, hat Schwanfelder bereits in den Gemeinden Veitsbronn, Tuchenbach und Zirndorf seine Ausstellung gezeigt – mit unterschiedlicher Resonanz, von null Reaktion bis zum Kauf einzelner Bilder.

Die Segenkugeln

Die Segenkugeln

War es ein Traum oder ein Schimmer des Unterbewussten in der Realität? Wie auch immer, ich stand vor Gott. Er wirkte auf mich nicht göttlich, wobei ich ihn nicht beschreiben kann. Gott kann man eben nicht beschreiben. Er sagte zu mir: „Ich habe dich hierher bestellt, weil ich eine Aufgabe für dich habe.“ Ich war einigermaßen überrascht. Bisher dachte ich immer, Gott benötige keine menschliche Hilfe. Aber ich lasse mich gerne überraschen.

Neben Gott stand ein riesiger Korb. In diesem befanden sich Kugeln. Zuerst dachte ich, es seien Hagelkörner, die er über die Erde verstreuen wollte. Als ich aber eine dieser Kugeln anfasste, stellte ich fest, dass sie warm waren, ziemlich elastisch, aber dennoch geschützt von einer durchaus festen Haut.

Gott beobachtete mich. Er konnte mir meine Fragen vom Gesicht ablesen. Daher beeilte er sich, mich aufzuklären. „Das sind Segenskugeln.“ Sagte er, was ich aber nicht sehr erklärend empfand. „Du weißt doch, wie Gott auf die Welt einwirkt? Einfach mit seinem Segen. Wenn du so willst, motivierende ich die Menschen über den Segen, den ich auf sie verteile.“ Ich nickte, obwohl ich immer noch nicht so richtig verstanden hatte. Aber wer versteht schon Gott?

„Ich bitte dich um deine Hilfe.“ Sagte Gott. Er lenkte meine Blicke nach unten. Nun erst fand ich Aufmerksamkeit für meine Umgebung. Wir standen auf einer Brücke oder auf einer Aussichtsplattform. Unter uns war eine Erdenfläche, auf der sich viele Menschen befanden. Als ich genau hinsah, erkannte ich viele bekannte Gesichter. Unter den Menschen waren viele Freunde, meine Kinder und Enkelkinder, Verwandte, Nachbarn, aber auch Menschen, die ich im Augenblick gar nicht einordnen konnte.

„Du nimmst die Segenkugeln und wirfst sie hinunter auf die Menschen. Wenn sie treffen, springen sie auf und der Segen ergießt sich in den Menschen. Diese haben daraufhin ein großes Glücksgefühl.“ Ich sah Gott an, zweifelte keinen Augenblick an seinen Worten. Natürlich wollte ich ihm behilflich sein. Ich nahm eine der Segenkugeln und warf sie mit aller Kraft hinunter auf die Menschen. Ich dachte mir, hoffentlich trifft sie einen Menschen, denn sonst geht der Segen verloren. Aber darüber musste ich mir keine Sorgen machen, denn jede Kugel die ich hinunter auf die Menschen warf, traf exakt.

Bei jedem Treffer jubelten die Menschen, rissen die Hände hoch, stießen Freudenschreie aus und umarmten sich. Der Segen schenkte den Menschen ein übergroßes Glücksgefühl. Das motivierte mich. Ich warf mit aller Kraft eine Kugel nach der andern auf die Erde. Ich war ziemlich beschäftigt, weil in dem großen Korb eine fast unendliche Anzahl von Kugeln lag. Ich nahm jede einzelne Kugel in die Hand und warf sie auf die Erdenmenschen. Diese wurden nicht weniger. Die Glücklichen zogen weiter, widmeten sich ihrem Leben mit einem neuen Elan. Andere kamen, die noch nicht glücklich waren und hofften ebenfalls auf den Segen. Ich war sehr beschäftigt. Irgendwann nahm schließlich der Vorrat an Kugeln ab. Ich hatte Angst, dass ich nicht alle Menschen mit Segen versorgen konnte. Obwohl ich erschöpft war, bat ich Gott um neue Kugeln. Aber dieser behauptete, es sei genug für heute. Er werde bald wieder neue Segenkugeln herstellen. So warf ich alle Kugeln hinunter auf die Menschen. Als ich die letzte Kugel mit aller Kraft auf die Erde warf, dachte ich einen Augenblick mit Entsetzen, dass ich für mich keine Kugel aufgehoben hatte. War ich jetzt ohne Segen?

Als ich Gott dies fragen wollte, durchzog mich ein Zucken und ich war anscheinend wieder in meiner Realität angelangt. Hatte ich doch nur geträumt? Ich war etwas benommen und nicht ganz klar im Kopf. Aber klar sah ich vor mir eine dieser Kugeln. Sie lag auf dem Tisch. Auf meinem Tisch. Ich wollte sie in die Hand nehmen, da zerbrach sie, löste sich in ein Licht auf und war verschwunden.

Nun bin ich getröstet, denn diese Segenskugel hat mich erreicht.

Ich denke an den Heiligen Geist

Ich denke an den Heiligen Geist

Ich habe Zeitung gelesen. Kein Grund zu einer Freude. Und doch, ich fühle mich herausgefordert. Was ist aus unserer Gesellschaft geworden? Überall auf der Welt. Was ist aus uns Menschen geworden?

Bald werden sie wieder einwandern: Die Parther, Meder und Elamíter, die Bewohner von Mesopotámien, Judäa und Kappadókien, von Pontus und der Provinz Asien, von Phrýgien und Pamphýlien, von Ägypten und dem Gebiet Líbyens nach Kyréne hin, auch die Römer, die Juden und Proselýten, die Kreter und Áraber. So war das damals zu biblischen Zeiten. Heute wäre vom Irak und von Iran, Syrien und der Türkei die Rede. Die biblische Pfingstgeschichte spielt im Melting Pot Jerusalem. Es ist dort ein buntes Völkergemisch mit Menschen aus aller Herren Länder unterwegs.

Das Besondere ist: Es kommt zu einer großen, wundersamen Verständigung unter ihnen. Pfingsten ist das christliche Fest, das daran erinnert. Ich merke mir: Plötzlich haben sich die Menschen verstanden, nicht nur sprachlich, sondern auch inhaltlich. Und sie haben sich zugehört.

Dabei war diese Entwicklung wirklich nicht abzusehen: Die Apostel haben sich nach dem Tod des Jesus von Nazareth verängstigt, verwirrt und kleinlaut hinter verschlossene Türen zurückgezogen, während draußen auf den Straßen ein „Menschenauflauf“ stattfindet. Da fährt ein neuer Geist in sie, und sie begreifen, dass Abschottung, Verkriechen und Selbstabschließung nicht der geeignete Weg ist. Sie überwinden ihre Angst, sie mischen sich unter die Völker, sie reden davon, dass Jesus nicht tot, sondern lebendig sei. Und sieh da: Es geschieht ein Kommunikationswunder; jeder Zuhörer kann sie in seiner Muttersprache verstehen. Die Bibel nennt dies das Wunder des Heiligen Geistes.

Ich sehne mich nach einem solchen Wunder. Ich habe heute in der Zeitung von Russland und Ukraine gelesen, von Slowenien, von Ungarn, von Schweden und auch von Deutschland. Es sind Geschichten des Nichtverstehens. Daraus entsteht ein Klima der Provokation, der Angst, der Beschädigung.

Der Geist des Jahres 2024 ist kein Geist der Offenheit, er überwindet keine Barrieren, im Gegenteil: Er grenzt aus, er trennt, er verachtet, er verleugnet und verleumdet.

Wie die Jünger haben wir Angst. Deshalb schotten wir uns ab. Wir sprechen von „Festung Europa“. Darunter verstehen wir, dass unser Kontinent die Zugbrücken hochziehen kann und alles wird gut. Die Flüchtlinge sollen nach Staaten wie Ruanda transportiert werden, die viel Geld dafür bekommen, dass sie eine Asylprüfung vornehmen und dann die Flüchtlinge bei sich aufnehmen oder nach irgendwohin weiterschicken. Großbritannien hat dieses Modell entwickelt und so das winzige Ruanda zu einem big player in der Flüchtlingspolitik gemacht.

Es wird nicht funktionieren. Außerdem wirkt diese Abschottungspolitik -sicherlich ungewollt – nach innen in die Gesellschaft hinein. Die suggeriert den Menschen: Ihr seid in Frieden und Sicherheit. Aber es kostet Kraft und Strenge und Härte. Kein Mitleid erwünscht. Mauern, Zäune und Grenzkontrollen sollen eigentlich Ängste sedieren, aber in der Realität wecken sie diese umso mehr. Uns werden auch unsere Widersprüche klar vor Augen gehalten: Unsere Mobilität innerhalb der EU und auch die Mobilität ihrer Bürger nach draußen in die weite Welt soll grenzenlos sein. Auch die Finanz- und Warenströme sollen freizügig funktionieren. Nur nicht die Migrantenströme. Das wird nicht funktionieren. Im Gegenteil, wir untergraben die Freiheit, die wir eigentlich schützen wollen.

Nun stelle ich mir die Frage: Könnte ich dieses Problem lösen? Die einen aufnehmen und integrieren, die Anderen abhalten? Habe ich die richtigen Ideen? Ich weiß es nicht. Aber ich wünsche mir, dass der Heilige Pfingst-Geist uns erfasst, unsere Angst vertreibt, uns verstehen lässt. Vielleicht finden wir dann Lösungen. Ich wünsche mir einen Hauch von Heiligem Geist.

 

Verteidigung der Demokratie

Verteidigung der Demokratie

Liebe Freunde,

 

Weihnachtszeit, Jahreswende. Man kann viel nachdenken. Ich denke über die Demokratie nach. (schon seit einiger Zeit)

 

Ich empfand das Jahr 2024 voller Krisen (natürlich verstärkt durch meine persönliche Krise – ich bin also nicht ganz neutral.) Diese Krisen machen Angst; manchen mehr, manchen weniger. Ich denke, es wäre gut, sie einfach nicht zu beachten. Aber das kann ich nicht. Weil ich feststelle, dass die Krisen nicht mehr „stand alone“ sind, sondern zusammenhängen, vernetzt sind. Der Sack Reis, der in China umfällt betrifft plötzlich auch Obermichelbach.

 

Beispiele: Durch den Krieg in der Ukraine schrumpft die Getreideproduktion, Lebensmittelausfuhren werden gestoppt, der Hunger steigt auch in weit entfernten Ländern. Menschen sehen sich gezwungen, ihre Heimat zu verlassen.

Der ruchlose Angriff aus Gaza, provoziert die Israeli zu überbordender Reaktion. Der Libanon mit der Hisbollah mischt sich ein. Der Iran fühlt sich berufen, Israel anzugreifen. Die wiederum zerstören das Waffenarsenal der Iraner. Die Schutzmächte von Syrien`s Assad verlieren die Macht und Syrien befreit sich. Vielleicht erkämpfen sich nun die Kurden einen eigenen Staat, vielleicht werden die Huthis im Jemen noch vertrieben. Dann könnten eigentlich Saudis und Israeli Freunde werden.

 

Wahrscheinlich ist die Wirklichkeit noch viel verschachtelter als wir uns das vorstellen. Viele Akteure wirken im Hintergrund mit. Es wird immer schwieriger, die gegenwärtige Situation vollständig zu erfassen.


Wir beobachten an allen Ecken: Politik kann nicht mehr so funktionieren wie früher. Ein 75 Jahre altes Grundgesetz trifft auf eine moderne Welt. Viele ahnen bereits, dass sich etwas Grundlegendes ändern muss. Obwohl sich das Grundgesetz bewährt hat. Es ist unsere Festung gegen Demokratiezerfall. Vielleicht müssen wir es noch mehr schützen und verinnerlichen. (Wie viele 16jährige kennen das Grundgesetz?)

 

Ich bin ein Fan unseres Grundgesetzes. Kurz vor Ende des Jahres, in dem es 75 geworden ist, hat das Grundgesetz noch einmal seine große Stärke gezeigt. Gemäß seiner Regeln hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am Freitag seine Entscheidung verkündet, den Bundestag aufzulösen und für den 23. Februar 2025 Wahlen anzusetzen. Es läuft also alles seinen rechten Gang.

 

Klar, Deutschland steckt in wirtschaftlichen Schwierigkeiten, das Wachstum schwächelt, die Menschen sind von Selbstzweifeln geplagt, aber wir können mit einem Standortvorteil auftrumpfen. Wir verfügen über eine funktionierende Demokratie mit verlässlichen Institutionen.

 

In Südkorea glaubte ein Staatsoberhaupt, einen Haushaltsstreit per Kriegsrecht lösen zu können. In den USA träumt ein designierter Präsident von diktatorischer Macht. In Frankreich verliert der Staatspräsident zunehmend die Kontrolle, nachdem er kopflos Parlamentswahlen angesetzt hatte und mit immer neuen Premierministern versucht, das ihm nicht genehme Wahlergebnis zu ignorieren.

 

Propagandisten bieten in solchen Krisenzeiten einfache Lösungen an, die es aber in der Realität nicht gibt. Technologischer Fortschritt, das Streben nach Individualität und die Ausdifferenzierung der Gesellschaft erzeugen unglaubliche Vielfalt. Die Welt ist komplex. Sie lässt sich nicht „vereinfachen“.


Für komplizierte Probleme gibt es dennoch eine Lösung, wenn man nur lange genug darüber nachdenkt und die Verknüpfungen berücksichtigt. In der wirklichen Welt hängt alles mit allem zusammen. Komplexe Gebilde, wie eben Gesellschaften oder Ökosysteme, sind schwer zu beeinflussen. Deswegen müssen wir vollständig umdenken: Aktuelle Probleme kann man nicht mit der Denkart der Vergangenheit lösen. An diesem Umdenken sollten wir alle arbeiten.

 

Es fehlt der Platz (oder Räume), in denen wir solche durch Krisen hervorgerufene Sorgen und Nöte, aber auch Wege zu Lösungen besprechen können. Ich kenne keine Gruppe, keine Institution, keinen Freundeskreis, wo ich Lösungen erarbeiten könnte. Dennoch, es sollte möglich sein. Eine Überzeugung für mich, eine Gewissheit für Mitstreiter und eine Ausbreitung in die Welt. Doch geht das? Leben wir nicht alle in Blasen, die einander bestätigen? Ich gebe zu, ich kenne in meinem Freundeskreis keinen AfDler. (Glücklicherweise.)

 

In den vergangenen Jahren kamen immer weniger Menschen in großen Organisationen wie Kirchen und Parteien zusammen; eine Entwicklung, die durch die Coronapandemie verschärft wurde. Die Sozialen Medien können das nicht ersetzen. Wir müssen uns sehen, zuhören, erleben, riechen, gegenseitig Raum geben – nur so gelingen Debatten und Begegnung. Nur so gelingt Demokratie. In der Begegnung entsteht eine neue Wirklichkeit.


Ich suche (wir sollten suchen) einen Raum, in dem unterschiedlichste Menschen einander zuhören und miteinander arbeiten, selbstwirksam und gemeinsam kreativ. So könnte Demokratie aussehen. Gibt es solche Räume nur in Berlin oder auch in Nürnberg, Fürth oder Obermichelbach?


Viele Menschen sind mangels Einkommen, Bildung und mit einer schwierigen Lebenssituation kaum in der Lage, am politischen Leben teilzunehmen. So wird aus sozialer Ungleichheit eine demokratische Ungleichheit. Andere Menschen sind so reich, dass sie gleich ganze Zeitungen und Social Media-Plattformen kaufen, um die Politik zu beeinflussen. Jeder, der einen Tesla fährt muss dies einkalkulieren. Extreme Ungleichheit ist ein Problem und zerstört die Demokratie. Muss Ungleichheit abgebaut werden, um die Demokratie weiterzuentwickeln?

 

Ich sehe noch keine Lösungsansätze, aber Verteidigungslinien: Der verstärkte Schutz des Verfassungsgerichts ist nötig geworden, weil die Feinde der Demokratie auch in Deutschland erstarken und auf Schützenhilfe von Gesinnungsgenossen aus verschiedenen Himmelsrichtungen bauen können. Steinmeier hat vor Einflussnahme aus dem Ausland gewarnt und dabei explizit die Plattform X (des AfD-Unterstützers Elon Musk) erwähnt. Wenn der reichste Mann der Welt auch nur einen kleinen Teil seiner nahezu unbegrenzten Mittel in den Dienst von Feinden dieser Demokratie stellt, ist das keine Kleinigkeit, sondern muss das für die deutsche Demokratie den Verteidigungsfall bedeuten. Für den von Russlands Gewaltherrscher Wladimir Putin geführten hybriden Krieg gilt dies ohnehin. Besonders haarsträubend das Beispiel Rumänien, wo mutmaßlich russische Machenschaften eine Wahlwiederholung zur Folge haben. Erwähnen muss man auch Ungarn und die Slowakei.

Was unser demokratischer Staat machen muss, ist eigentlich klar: Er muss in extrem schwierigen Zeiten in der Lage sein, funktionierende Regierungsbündnisse über weltanschauliche Grenzen hinweg zu bilden und Mut zu längst nötigen Entscheidungen zu finden. Es muss gelingen, gegen das aggressive Russland deutlich mehr in die Verteidigung zu investieren, die Wettbewerbsnachteile für deutsche Firmen abzubauen und zugleich den sozialen Frieden im Land zu erhalten. In Zeiten der Verunsicherung muss der Staat dem Gefühl des Kontrollverlusts entgegenwirken.

In den vergangenen Jahren ist viel Vertrauen verloren gegangen. Als Merkel-Anhänger muss ich erkennen, dass diese Ära sich in der Rückschau als Phase des Eskapismus (Flucht vor der Realität in Illusionen) versteht. Gefährliche Abhängigkeiten wurden verdrängt, die Modernisierung wurde verschleppt. Die großen Koalitionen konnten nur Minimalkompromisse bei geringstem Widerstand zustandebringen. In den Ampeljahren wiederum entstand der Eindruck eines überforderten politischen Personals. Die nächste Regierung kann sich keine Fehlversuche mehr erlauben, sie muss sich bewähren.

Eine Power haben wir: Auf das Grundgesetz ist Verlass. Aber wer sich nur darauf verlässt, ist vermutlich dennoch verloren.

Ich frage mich, was kann ich tun?

Ich habe natürlich keine Antwort. Daher bin ich auch sehr unzufrieden mit dem, was ich hier niedergeschrieben habe. Ich fasse ja nur Tatbestände zusammen. Ich trage keine Lösung vor. Aber vielleicht liest es der eine oder andere und macht sich darüber Gedanken. Viele Gedanken auf der ganzen Welt führen vielleicht zu Lösungen. Ich schicke euch eine Portion Hoffnung.

 

 

Werner Schwanfelder, zum Jahresende 2024;

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